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Höre Dir den Artikel "6 Schritte zum Umgang mit Schuldgefühlen" als Blogcast an! 🙂

In 6 Schritten mit Schuldgefühlen und anderen chaotischen Gefühlen umgehen

Sabine sitzt mit tropfender Nase am Schreibtisch und versucht irgendwie den Arbeitstag zu überstehen. Sie sieht all die unerledigten Aufgaben vor ihr aufgetürmt und glaubt, dass sie unmöglich jetzt nach Hause gehen und sich krankschreiben lassen kann. Ohne sie wird der Berg nicht kleiner. Ohne sie kriegen die das doch alle gar nicht mehr hin. Und so bleibt Sabine sitzen. Tut ihr Bestes mit tropfender Nase und Ohrenschmerzen. Das macht Sabine nicht zum ersten Mal. Und bisher ist es immer ganz gut gegangen. Sie konnte sich am Wochenende wieder fangen oder auch mal im Urlaub auskurieren. 

Ach zwei Seelen in meiner Brust...

Was wir nicht sehen ist, dass in Sabine der Bär tobt. Es gibt zwei Bedürfnisse, die miteinander ringen. Sabine, in der Mitte, weiß gar nicht so recht, was eigentlich geschieht, merkt nur, egal in welche Richtung ihre Gedanken gehen: Bleiben oder Gehen. Sie fühlt sich mit keiner der beiden Lösungen wohl. Beide Möglichkeiten lösen unangenehme Gefühle in ihr aus. Sie sitzt reglos an ihrem Schreibtisch, versucht sich zu konzentrieren und weiterzumachen.

Das Schuldgefühl: “Du kannst doch nicht einfach gehen!"

Das eine Bedürfnis ist Sabines Schuldgefühl. Das Schuldgefühl sagt ihr, dass ohne sie ihre Arbeitskollegen noch viel mehr arbeiten müssten. Dass sie das den beiden anderen unmöglich antun kann. Dieser Teil ist nett, angepasst und möchte möglichst niemanden stören oder zur Last fallen. Wenn dieser Teil auch nur annähernd die Idee mitbekommt, die sich gerade in anderen Sphären ihres Hirns breit macht, dass Sabine gerne nach Hause gehen würde, gibt es von ihm gleich eins auf die Mütze in Form von unangenehmsten Gefühlen. Deshalb ist eben nicht so leicht, einfach nein zu sagen und zu gehen! Soviel zum Thema “Ich trau mich heute und setze mich durch! Ich zeige meine Grenzen und setze mich für mich ein….

” Das Schuldgefühl packt dann nämlich die größten Hammer aus, die es bereit hält. Das sind dann schonmal Gefühle von dem Kaliber, die man auch körperlich richtig wahrnehmen kann. Vielleicht zieht sich die Brust zusammen oder man spürt es im Kopf wie ein Ziehen und Zerren. Das Schuldgefühl sorgt also dafür, dass Sabine brav an ihrem Schreibtisch sitzen bleibt. Es passt gut auf, dass Sabine nichts Törichtes tut, sondern pflichtbewusst weiter arbeitet, ohne dabei an ihre tropfende Nase zu denken.

“Das Schuldgefühl, der elende Sklaventreiber!” könnte man jetzt sagen. Aber Vorsicht! Verurteilen wir diesen Teil nicht zu früh! Und überhaupt, wer hat ihm eigentlich diesen schändlichen Namen verpasst. Schuldgefühl. Hhmm… Schon der Name klingt nach Ärger.

Dem Schuldgefühl einen neuen Namen geben

Warum nervt dieser Teil so? Was will der eigentlich? Will er uns wirklich nur quälen??

Nein, der Anteil, den wir eben noch freimütig und unüberlegt als Schuldgefühl betitelt haben, möchte eigentlich nur, dass Sabine gemocht wird. Das ist ihm total wichtig! Er hat Angst davor, dass Sabine unnötige Konflikte eingeht und somit sich und auch ihn (als Teil des Ganzen) in Gefahr bringt. Er will nicht, dass sie ausgeschlossen wird und alleine da steht.  Er will nicht, dass sie sich alleine fühlt, verlassen. Er will ihr das Leid und den Schmerz, die er vielleicht sogar ganz gut aus lang gewesenen Erfahrungen kennt, ersparen. Eigentlich kann man ihn fast verstehen, oder? In letzter Konsequenz, will er Sicherheit für Sabine; will, dass es ihr gut geht. Ich würde ihn unter diesen Umständen lieber ihren Wunsch nach Anerkennung nennen. Und vielleicht fällt Dir noch ein besserer Name für ihn ein!

Die Selbstfürsorge: “Alle Mann beiseite! Ich habe Pflaster dabei!"

Der andere Teil ist Sabines selbstfürsorglicher Teil. Dieser wünscht sich sehr, dass Sabine auf sich aufpasst und sich erholt. Er möchte Sabine am liebsten mit einer Wärmflasche ins Bett legen. Einen Tee daneben stellen und eine Hühnersuppe kochen. Überhaupt möchte er, gut auf Sabine aufpassen. Er sieht schnell die Gefahren, die an allen Seiten lauern. Zum Beispiel die Gefahr auf eine Lungenentzündung bei verschleppter Grippe. Und auch er möchte letztendlich, dass es Sabine gut geht. Dafür hat er aber ganz andere Strategien als der “ Wunsch nach Anerkennung” und würde diesem am liebsten eins mit dem Baseballschläger überziehen, so dass er Sabine ungestört nach seinen Vorstellungen versorgen kann.

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Beim Tau ziehen bitte gemeinsam

Beide sind also nicht ganz ohne! Und trotzdem: Wenn wir genauer hinschauen merken wir, beide wollen für Sabine nur eines: Ihr Bestes!Sie sehen ihren Sinn darin, sich um ihr Wohl zu kümmern, so dass es dem ganzen Organismus in letzter Konsequenz gut kennt.Und obwohl beide sehr unterschiedliche Strategien und Meinungen haben, darüber, wie das Beste denn nun zu erreichen ist, setzen sie sich mit vollen Kräften für sie ein. Wie viel Energie wäre das, wenn beide nun am selben Strang ziehen würden?

Doch das alles bekommt Sabine gar nicht so bewusst mit. Sie weiß gar nicht, was in ihr abgeht. Hat keinen Überblick und schon gar nicht die Kontrolle. Sie spürt nur das schlechte Gewissen auf der einen Seite, was sie dazu antreibt noch härter zu arbeiten, obwohl der Kopf pocht. Und auf der anderen Seite hört sie die Stimme dir sagt: “Geh doch nach Hause! Kurier dich aus. Pass auf, dass du nicht noch kränker wirst.”

Hin und hergerissen zwischen den beiden, weiß Sabine gar nicht mehr, was sie tun soll. Und fühlt sich neben der Krippe auch noch total zerschlagen durch den inneren Konflikt, der viel Energie auffrisst.

Solche inneren Konflikte kennen wir alle! Doch wie können wir mit ihnen umgehen?

Und was soll ich jetzt konkret machen mit den Gefühlen?

Unsere Bedürfnisse stören uns vor allem dann (in Form von unangenehmen Gefühlen), wenn wir selbst keinen Überblick haben, nicht wissen was abgeht und somit unbewusst die Verantwortung abgeben. Wir überlassen es den inneren Bedürfnissen, also inneren Anteilen, sich mit dem, was durch die Umwelt auf uns zukommt, auseinanderzusetzen und zurechtzukommen. Die haben aber immer nur eingeschränkte Strategien zur Zielerreichung und sind sich zudem meistens nicht grün, was zu viel innerem Chaos führt.

Es braucht also einen Kapitän des inneren Schiffes, der die unterschiedlichen Eigenschaften seiner Crew zu nutzen versteht. Und manchmal braucht es einfach nur eine Kindergärtnerin, die dafür sorgt, dass Ruhe im Karton ist! 🙂

Um die Bedürfnisse und deren Strategien zu nutzen, wenn wir sie brauchen, müssen wir uns ihnen erstmal bewusst werden und nach und nach eine Beziehung zu ihnen aufbauen.

Hier ist der erste Schritt! Diese Übung kannst Du immer und immer wieder benutzen, um mehr Klarheit in Dein Innenleben zu bringen.

  1. Nimm Dir einen Moment Zeit
  2. Nimm alle Deine Bedürfnisse wahr, die JETZT da sind
  3. Mache Dir klar, dass es nur Teile von Dir sind (nicht Du als Ganzes!)
  4. Gib den Bedürfnissen einen Namen
  5. Frage Dich, was sie für Dich wollen
  6. Bedanke Dich bei Ihnen für Ihre guten Wünsche für Dich

Mit ein bisschen Übung lernst Du Dich so besser kennen. Du wirst es mehr und mehr schaffen, die einzelnen Bedürfnisse in Dir zu identifizieren und mit nicht gegen sie zu arbeiten!