Diplom Psychologin Ulrike Duke Trauma und Traumatherapie mehr Stabilisierng und Selbstregulation

Trauma & Traumatherapie - Weg zur Stabilisierung und Selbstregulation

Gastbeitrag von Assistentin Sandra
Der Begriff des Traumas wird heute in der Psychologie und in den Medien sehr häufig benutzt. Vielleicht hast Du Dir auch schon mal die Frage gestellt, was ist ein Trauma eigentlich genau, was ist das Besondere an einer Traumatherapie oder bin ich selbst vielleicht traumatisiert? Vielleicht kann der Blog Dir ein paar Antworten geben um das Trauma besser zu verstehen….
 
Trauma ist eine Tatsache im Leben und bereits die Mythologie zeigt uns, wie Menschen Herausforderungen auf ihrem Lebensweg mutig begegnen. Der griechische Mythos von Medusa und Perseus erfasst die Essenz des Traumas und beschreibt auch seine Wandlung:  im Mythos werden alle, die Medusa direkt in die Augen blicken, sofort zu Stein verwandelt – festgefroren in der Zeit. Mithilfe des Bronzeschildes der Athene kann der Held Perseus sich ihr nähern, ohne Schaden zu nehmen und enthauptet sie mit der Sichel, die er von Hermes erhielt. Es wird gesagt, dass das Blut, das von der linken Seite aus Medusas Kopf kam, die Kraft hatte, Leben zu nehmen, während das Blut von der rechten Seite die Kraft hatte, die Toten wiederzubeleben. Hier offenbart sich die paradoxe Doppelnatur des Traumas: während die zerstörerische Kraft seinen Opfern die Lebensfreude nimmt, birgt die andere Kraft die Macht der Transformation und Wiederaufstehung in sich. Die Erkenntnisse aus der Mythologie, aus klinischen Beobachtungen und aus der Neurowissenschaft helfen uns das Trauma und seine Bewältigung heute zu verstehen.

Trauma und seine vielseitigen Dimensionen

Das Wort Trauma entstammt dem Griechischen und bedeutet Wunde und ist in der Psychologie bildhaft als seelische Verletzung zu verstehen. Umgangssprachlich wird der Begriff in Bezug auf verschiedenste als leidvoll erlebte Ereignisse verwendet, um der besonderen Belastung für den Betroffenen Ausdruck zu verleihen. Die psychologische Fachliteratur fasst den Begriff enger und alle vorliegenden Begriffsfassungen betonen die Aspekte der situativen Extremeinwirkung in Form von Überwältigung und Heftigkeit, der subjektiven Überforderung des Betroffenen bis hin zur Hilflosigkeit und die dauerhafte Erschütterung vom Selbst sowie die Prägung durch das Ereignis.
 
Das offizielle Klassifikationssystem ICD-10 schließt als Trauma nur Ereignisse mit ein, die objektiv mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß einhergehen, sowie subjektiv bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Folgende Ereignisse erfüllen diese Voraussetzung: schwere Unfälle, Erkrankungen und Naturkatastrophen, psychische, körperliche und sexuelle Gewalt, schwere Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen. Darüber hinaus wird in der Traumatologie ein Trauma auch nach dem Zeitfaktor definiert: Typ-I-Trauma entspricht einem kurzzeitigen, einmaligen Ereignis (Schocktrauma) zu dem Naturkatastrophen, Gewalterfahrungen und Verkehrsunfälle gehören. Bei Typ-II-Trauma handelt es sich um wiederholte oder lang andauernde Geschehen, wie Kindesmisshandlung, andauernde Katastrophen, Kriegserleben oder wiederholte Gewalterfahrungen. In diese Kategorie sind auch das Entwicklungs- und Bindungstrauma einzuordnen.
 
Weitere Dimensionen des Traumas umfassen das Sekundärtrauma, das insbesondere Zeugen von traumatischen Ereignissen und Helfer in Notsituationen wie z.B. Notärzte, Feuerwehrleute betrifft, und das soziale Trauma in Form eines traumatisches Ereignis, das von vielen Menschen erlebt wird bei einem Zugunglück oder Terroranschlag und eine breite soziale Auswirkung hat. Das transgenerationale Trauma spielt in Deutschland eine besondere Rolle aufgrund verdrängter und nicht verarbeiteter Kriegserfahrungen  einer ganzen Generation und die Auswirkungen für die Nachkommen und die Beziehungsfelder.

Wie entsteht ein Trauma?

Nicht jedes belastende Ereignis führt zwangsläufig zur seelischen Verletzung und zum psychischen Trauma. Oft lassen die eigenen Selbstheilungskräfte die akute Belastungsreaktion nach einem schwierigen Ereignis abklingen und der Betroffene kann das Erlebte zurücklassen, ohne dass es ihn in seinem weiteren Leben bedeutend beeinträchtigt. Die Konzepte der Resilienz und Salutogenese haben dieses Phänomen näher untersucht.
 
Manchmal gelingt dies aber nach einem bedrohlichen Ereignis nicht und die Entstehung eines Traumas hängt dann ab von:
– auslösenden Faktoren, die Art, Dauer und Schwere des Ereignisses betreffen;- subjektiven Faktoren, die in der betroffenen Person begründet sind, in ihrem persönlichen Erleben, ihrer individuellen Lebensgeschichte und dem vorhandenen Handlungsrepertoire sowie ihrem Befinden zum Zeitpunkt des belastenden Ereignisses und den persönlichen Risiko- und Schutzfaktoren;
– sozialen Faktoren, die sich beispielsweise auf das Vorhandensein einer unterstützenden Beziehung beziehen.
 
Traumatisch erlebte Ereignisse können eine tiefe seelische Erschütterung mit der Folge einer Überforderung des angeborenen biologischen Stresssystems verursachen. Als Folge wirkt sich ein Trauma nicht nur seelisch, sondern auch körperlich aus. Die Überflutung des Gehirns im Rahmen einer überwältigenden Stressreaktion behindert die angemessene Verarbeitung des Erlebten. Somit kann der Betroffene die gemachte Erfahrung nicht in seinen Erlebnisschatz adäquat integrieren und dann wieder Distanz dazu gewinnen. Dieser Umstand kann dazu führen, dass der Organismus auf einem erhöhten Stressniveau verharrt und charakteristische Folgebeschwerden entwickelt.

Posttraumatische Symptomtrias und Traumafolgestörungen

Charakteristische Folgebeschwerden eines Traumas spiegelt die posttraumatische Symptomtrias wieder:
 
# Wiedererleben (Intrusionen): in Form von wiederholten, unausweichlichen Erinnerungen oder ungewolltes Denken an oder zwanghaftes Beschäftigen mit dem Ereignis, Tagträume, Albträume, Flashbacks durch bestimmte Schlüsselreize (Trigger), die Panikattacken auslösen können;
 
# Vermeidung (Avoidance): Emotionale Taubheit, Teilnahmslosigkeit, Dissoziationen, Amnesie, Gefühle von Hilflosigkeit;
 
# Übererregung (Hyperarousal): vegetativer Übererregung, chronische Schlafstörungen, Hypervigilanz, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit;
 
Darüber hinaus sind damit verbunden: Verlust des Gefühls von Selbstsicherheit, Verlust einer grundlegenden Sicherheit und Geborgenheit im eigenen Leben, Verlust früherer Grundüberzeugungen über die Welt und sich selbst und über den Sinn des Lebens, Entstehung einer emotionalen Distanz gegenüber anderen Menschen, Rückzug aus der Welt, Entfremdungsgefühlen, Unfähigkeit über die Ereignisse zu sprechen. Dabei begünstigt die posttraumatische Symptomtrias die Entstehung von Angststörungen, dissoziativen und depressiven Störungen, Süchte und Schmerzstörungen bis hin zu funktionellen körperlichen Erkrankungen.

Die Traumatherapie

In der Traumatherapie kommt die Psychologie der Physiologie so nahe wie zwei Seiten der Medaille, was auch die Besonderheit der Traumatherapie ausmacht. Denn die Stressphysiologie und die posttraumatischen Gedächtnisprozesse spielen eine besondere Rolle. Nachdem diese heute gut erforscht sind, hat jede große psychotherapeutische Schule Ansätze zur Behandlung von Traumafolgestörungen entwickelt, so z.B. Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie, psychodynamische Verfahren, EMDR, Brainspotting, Somatic Experiencing®(SE). 
 
Grundlegend ist zu verstehen, dass das Wiedererleben und das posttraumatische Stresserleben nicht unnormal oder ein Zeichen von Schwäche ist, sondern ein Signal dafür, dass das Gehirn bemüht ist, die im Hochstress des Traumas nur bruchstückhaft und unzusammenhängend gespeicherten Erlebnisinhalte zu verarbeiten. Es ist eine natürliche Reaktion des Körpers und der Psyche auf eine zutiefst belastende Erfahrung mit dem Bemühen, sich selbst zu heilen. Aufgabe der traumatherapeutischen Verfahren ist, die Verarbeitungsversuche des Körpers zu unterstützen, indem das Erlebte systematisch und vorsichtig dosiert bearbeitet wird. Dies ermöglicht dem Betroffenen, nach und nach Abstand zu dem belastenden Ereignis aufzubauen, ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle wiederzugewinnen und schließlich das Erlebte in den eigenen Erfahrungsschatz zu integrieren. 

Voraussetzungen für eine Traumatherapie

Grundvoraussetzung für die psychotherapeutische Bearbeitung eines Traumas ist immer, dass die Traumatisierung, die Bedrohungssituation und der Täterkontakt beendet sein muss, da es sonst nicht möglich ist, mit der eigentlichen Bearbeitung der traumatischen Erinnerung und der Traumafolgestörungen zu beginnen. Wenn der Betroffene sich noch in einer traumatisierenden Situation befindet kann traumatherapeutische Hilfe zur Stabilisierung und Bewältigung der Belastungssituation sinnvoll sein, da der Entwicklung schwerer Traumafolgestörungen oder deren Chronifizierung entgegengewirkt werden kann. Traumabearbeitende Verfahren können nicht angewendet werden, bei einem akuten psychotischen Erleben, akuter Suizidalität, mangelnder Affekttoleranz und akuten psychosoziale und körperliche Belastungen.

Phasen der Traumatherapie

Grundsätzlich werden während einer Traumatherapie drei Phasen unterschieden:
1. Stabilisierung: im Mittelpunkt steht die Herstellung einer inneren und äußeren Sicherheit, Mobilisierung und Kräftigung der körperlichen und seelischen Kräfte, Überwindung der Hilflosigkeit und Förderung der Eigeninitiative.
2. Traumabearbeitung: dabei geht es um das Erinnern und Rekonstruieren des Traumas mit dem Ziel der Verknüpfung von Worten, Erinnerungen, Körperempfindungen und Emotionen zu einer einheitlichen Erfahrung. Die Interventionen sind vom jeweiligen therapeutischen Verfahren abhängig.
3. Integration: Ziel ist, das Erlebnis in die Lebensgeschichte als Teil der Biographie zu integrieren ohne dass es weiter einschränkend oder belastend wirkt und somit neue Wege zur Alltagsgestaltung gefunden werden.
 
Im besten Falle ist ein traumatisches Ereignis wie ein Tor auf Deiner persönlichen Heldenreise, wie bei unserem Held Perseus. Ein Tor, das der Held durchschreiten kann um zu mehr Wissen, Weisheit und Authenzität zu gelangen. So können belastende Erfahrungen Dich wachsen lassen und Du entwickelst ein tieferes Verständnis für Dich und die Welt. So wie Perseus, der in die Fremde ging, in die Gefangenschaft der Materie kam, um in der Welt der Sinne Erfahrungen zu machen und sich selbst zu erkennen. Am Ende seiner Reise verkörpert er die Synthese, die Verbindung von Geist und Seele, das wahre Selbst als das Prinzip des Lichtes und der Liebe.

Ich hoffe, ich konnte Dir hinsichtlich des Phänomens Trauma ein wenig Klarheit und Orientierung geben. Solltest Du Dich angesprochen fühlen oder noch weitere Fragen haben, dann melde Dich doch bei Ulrike, sie ist gern für Dich da!

Ich bin Ulrikes Assistentin, Sandra