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Blogreihe psychische Erkrankungen: Angststörung

Gastbeitrag von Assistentin Janina

Stellen wir uns Folgendes vor: man sitzt im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub, plötzlich flackert das Licht, es geht vielleicht sogar aus, das Flugzeug ruckelt und wackelt, die Anschnallzeichen leuchten auf. Nach kurzer Zeit ist zum Glück wieder alles im Lot und das Luftloch durchflogen. Dennoch hatten es wohl alle Passagiere kurzzeitig mit Angst und Panik zu tun. Ein anderes Szenario: man läufts spätabends alleine von der Freundin nach Hause, es dämmert, die Straßen sind schon ziemlich leer, nur genau hinter einem läuft jemand, natürlich ein Mann, ebenfalls alleine. Instinktiv beschleunigt man seine Schritte, ein mulmiges Gefühl, wenn nicht sogar Angst erfüllt den Körper.

Diese beiden beispielhaften Szenarien kennt vielleicht der/ die ein oder andere aber jeder gesunde Mensch kennt zumindest eines davon: Angst.

Angst aus evolutionsbiologischer Sicht

Angst an sich ist nichts Schlechtes, sie ist als nützliche Emotion in uns evolutionsbiologisch verankert und schützt uns, indem sie eine Warnung für eine Bedrohung darstellt und somit unser Überleben sichert. In einem Angstzustand wird der Körper auf Flucht oder Angriff vorbereitet – durch Beschleunigung der Atmung, bessere Durchblutung und Ausschüttung von Noradrenalin bei gleichzeitiger Reduzierung von GABA (Botenstoff, der beruhigend wirkt).

Unterschied Angst und Angststörung

Wie bereits beschrieben, ist Angst etwas Normales und evolutionär Nützliches, solange sie der Situation angemessen erscheint und wieder abklingt.

Betroffene einer Angststörung leiden verstärkt unter ständiger Sorge und Anspannung. Ihre Besorgnis können sie mitunter kaum bis gar nicht kontrollieren. Ängste treten in objektiv ungefährlichen Situationen und Kontexten auf oder sind sehr stark ausgeprägt. Teilweise ist diese übersteigerte Angst den Betroffenen bewusste, wodurch ein Gefühl des Ausgeliefertseins entsteht, teilweise können auch nur Teilbereiche des Lebens betroffen sein. Ferner kann bei fortschreitender Erkrankung der Alltag der Betroffenen massiv beeinträchtigt sein aufgrund bestehender, hemmender Ängste.

Daher werden auch in der ICD 10 verschiedene Formen der Angststörung definiert. Die gängigsten werden im Folgenden näher erläutert.

Phobien

Diese Form der Angststörung ist wohl den meisten Menschen ein bekannter Begriff. Bei einer klinisch diagnostizierten Phobie sind objektiv wenig bis ungefährliche Objekte bzw. Situationen ausschlaggebend für eine exzessive (irrationale) Angst. Dies können beispielsweise Tiere, Höhe, Dunkelheit oder Ärzte (spezifische Phobie), soziale Situationen (soziale Phobie) oder bestimmte Orte (Agoraphobie) sein. Letztere ist dahingehend problematisch, da die Betroffenen bei aufsteigender Panik nicht flüchten können oder aus ihrer Sicht ärztliche Hilfe zu lange brauchen würde. Besonders oft besteht Agoraphobie in großen Menschenmengen, Bussen, Bahnen und auf großen öffentlichen Plätzen. Sie kann soweit gehen, dass Betroffene das Haus nicht mehr verlassen wollen. Die soziale Phobie schließt beispielsweise auch die Prüfungsangst mit ein und meint die Angst vor sozialen Situationen, da in diesen eine negative Bewertung oder Kritik auftreten könnte. Auch haben Betroffene Angst, sie könnten sich blamieren oder versagen. Die soziale Phobie kann ebenfalls diverse Ausmaße annehmen, beispielsweise die Angst fremde Menschen anzusprechen, vor anderen zu essen oder allein das Betreten eines Raumes mit vielen Menschen bis hin zur vollkommenen sozialen Isolation.

Panikstörung

Auch diese Form der Angststörung stellt einen geläufigen Begriff dar, doch was bedeutet sie konkret?

Sie inkludiert das wiederholte Auftreten von Panikattacken, die das Verhalten und die Einstellung der Betroffenen dauerhaft verändern. Derartige Angstanfälle treten meist unerwartet sowie situationsunspezifisch auf und entwickeln sich innerhalb weniger Minuten. Zu den körperlichen Symptomen, die die Attacken begleiten, zählen unter anderem Schwitzen, Zittern, Atemnot, Schwindel und Herzrasen. Die Betroffenen nehmen währenddessen ihre Umwelt als unwirklich war und haben Angst zu sterben oder vollkommen die Kontrolle zu verlieren. Problematisch bei der Panikstörung ist, dass die Angstanfälle immer auftreten können und nicht an bestimmte Situationen gebunden sind. Somit entwickeln die Betroffenen oftmals eine ständige Sorge- sozusagen die Angst vor der Angst. Bereits direkt nach einer Panikattacke stellt sich Angst vor einer erneuten oder vor den Folgen dieser überstandenen ein. Dieser Zustand kann zu einer enormen Beeinträchtigung der Lebensqualität und des Alltags führen, da die Betroffenen möglichst all das vermeiden, was die körperliche Symptomatik auslösen könnte (z.B. Treppen steigen).

Zwangsstörung

Hierunter sind sowohl Zwangsgedanken als auch Zwangshandlungen zu verstehen. Zwangsgedanken beinhalten quälende, oft gewalttätige, wiederkehrende und aufdringliche Gedanken/ Vorstellungen/ Impulse, die oft durch Zwangshandlungen (wiederholte tatsächliche oder vorgestellte Handlungsabläufe) neutralisiert werden sollen. Die Handlungen haben den Zweck, ein vermeintliches Unglück somit abzuwehren. Egal ob Gedanken oder Handlungen – beides wird von Betroffenen meist als belastend und unangenehm erlebt. Zwangshandlungen können jedoch auch kurzfristig als beruhigend empfunden werden, da die Rituale die durch Gedanken ausgelöste Angst kontrollieren können. In bestimmten schweren Ausmaßen hindert eine Zwangsstörung die Betroffenen bei der Ausübung ihres Berufs, wenn die Handlungen besonders zeitaufwändig sind. Solche Zwangshandlungen laufen meist nach einem individuell bestimmten Schema ab. Beispielsweise kontrollieren Betroffene immer sieben Mal, ob sie den Herd auch wirklich ausgeschaltet haben, oder es kommt zu zwanghaften Händewäschen.

Bei Zwangsstörungen handelt es sich immer um die Vermeidung unangenehmer Gefühle, was durch diese eben genannten Handlungen oder Gedanken erreicht wird. Werden diese nicht angewandt, erleben Betroffene eine große innere Anspannung und Angst. Da ihnen oftmals die Störung durchaus bewusst ist und sie diese auch als sinnlos erleben, schämen sich Betroffene meist sehr. Daher versuchen sie ihre Zwänge zu verstecken und suchen tendenziell sehr spät nach professioneller Hilfe.

Generalisierte Angststörung (GAS)

Ähnlich wie bei der Panikstörung ist die GAS situationsunspezifisch und daher anhaltend. Es besteht eine dauerhafte Sorge bzw. Angst, dass etwas Schlimmes passiert – einem selbst oder nahestehenden Personen. Diese Angst bezieht sich alle möglichen, alltäglichen Situationen. Hier ist jedoch im Gegensatz zur Panikstörung nicht die Intensität das Problem, sondern die Dauer, da die Betroffenen die meiste Zeit des Tages unter ihrer Angst leiden. Daher werden verschiedenste Bewältigungsstrategien entwickelt. Einige können leicht mit Zwangsstörungen verwechselt werden, wie das mehrfache Kontrollieren, ob der Herd aus ist. Hierbei geht es jedoch um die Angst, dass ein Feuer ausbrechen könnte und nicht um ein bestimmtes Zwangsritual. Auch wird oft ein wiederholtes Rückversichern angewandt, um Ängste und Sorgen zu reduzieren, beispielsweise sein Kind immer wieder anzurufen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist.

Ursache und Behandlung

Die Auslöser für die Entwicklung einer Angststörung – unabhängig von der konkreten Form – sind vielfältig und bestehen meist aus einer Kombination aus biologischen, psychologischen und Umweltfaktoren. Studien haben zudem bewiesen, dass es eine genetische Veranlagung und damit Vererbbarkeit gibt, welche die Entwicklung bestimmter Angstreaktionen begünstigen. Bei der Generalisierten Angststörung spielen vordergründig genetische und erzieherische Faktoren eine Rolle, während bei der Zwangsstörung auch neurobiologische Faktoren ursächlich sind.

Bezüglich der Behandlung einer Angststörung ist das frühzeitige Einholen professioneller Hilfe entscheidend für den weiteren Verlauf der Erkrankung. Grundsätzlich sind Angststörungen gut behandelbar, meist mittels einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamentation, wobei ein Fokus auf der kognitiven Verhaltenstherapie liegt. Hierbei geht es um die direkte Auseinandersetzung mit der Angst und um das Erlernen alternativer Bewältigungsstrategien.

... noch viel komplexer!

Grundsätzlich ist hier noch anzumerken, dass es sich lediglich um eine vereinfachte, verständliche Darstellung des Oberbegriffs der Angststörung handelt. Es gibt diverse Modelle, Formen und Methoden hinsichtlich der konkreten Symptome, Ursachen und Behandlungen.

Solltest Du Dich in irgendeiner Form angesprochen fühlen, hast Du auch öfter Angst, belastende Gedanken oder Rituale und weißt nicht, ob es noch „normal“ ist oder dich vielleicht schon einschränkt? Du brauchst Dich nicht zu schämen! Lass dich beraten, ich helfe Dir gerne!

Ich bin Ulrikes Assistentin, Janina