Blogreihe psychische Erkrankungen: Essstörungen
Gastbeitrag von Assistentin Janina
Zu den bekanntesten klassischen Essstörungen, die auch psychotherapeutisch am bedeutendsten sind, zählen die Anorexia nervosa (“Magersucht” in der Umgangssprache) und die Bulimia nervosa. Daneben treten immer häufiger die Binge-Eating-Störung sowie nächtliche Heißhungerattacken auf.
In allen Fällen sind überwiegend Frauen betroffen, wobei die Bulimia nervosa (BN) etwas häufiger vorkommt als die Anorexia nervosa (AN). Der Beginn der BN liegt in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter, während der der AN in der Regel kurz vor, während oder kurz nach der Pubertät liegt. Es ist hier leider anzumerken, dass die Anorexia nervosa die tödlichste psychische Störung darstellt, da zwischen 5 und 20% der Betroffenen versterben.
Anorexia nervosa - Symptome und Merkmale
Die medizinische Bezeichnung Anorexia nervosa bedeutet eigentlich die psychisch bedingte Appetitlosigkeit, was jedoch nicht direkt zutrifft. Die Betroffenen haben zu Beginn der Krankheit durchaus Hunger, kontrollieren diesen aber stark. Erst später, im Laufe der Erkrankung reduzieren sich körperliche Hungersignale.
Eines der Hauptmerkmale der AN ist die eingeschränkte Nahrungsaufnahme sowie der damit einhergehende Gewichtsverlust. Viele der Betroffenen verzichten fast gänzlich auf eine Nahrungszufuhr (Fasten), andere vermeidet lediglich Speisen mit einer hohen Kalorienanzahl, nehmen Abführmittel oder Appetitzügler, wieder andere treiben übermäßig viel Sport oder erbrechen. Diagnosekriterium für eine AN ist ein Untergewicht, was gemäß der WHO bei einem BMI von weniger als 18,5 vorliegt.
Weitere wichtige, zusammenhängende Merkmale einer AN sind ein niedriger Selbstwert, eine Körperschemastörung und Identitätsprobleme. Die Betroffenen definieren sich über ihr Gewicht. Dementsprechend geht es ihnen besser und sie verspüren Stolz, wenn die Waage weniger Gewicht anzeigt. Wird allerings eine Gewichtszunahme verzeichnet, treten nicht selten Angst, Unsicherheit und Selbsthass auf. Im Allgemeinen wird Essen als Schwäche und Hungern als Stärke angesehen, sodass von AN Betroffene durchaus gerne kochen können und auch andere gerne bekochen, jedoch beim Verzehren dann abstinent daneben sitzen. Dies stärkt das Selbstwergefühl. Das gemeinsame Essen nimmt im Verlauf der Erkrankung jedoch auch ab. Andere typische Verhaltensweisen für erkrankte, meist junge Frauen sind Rituale wie langes Kauen, Essen horten oder Nährwerttabellen betrachten sowie die Beschränkung der eigenen Themen auf Essen und Gewicht.
Kritisch ist bei der Anorexia nervosa insbesondere auch die Körperschemastörung, da die Betroffenen grundsätzlich befürchten, zu dick zu sein oder werden zu können. Diese Überzeugung grenzt an wahnhafte Vorstellungen, da das Ablassen davon unmöglich erscheint und Gegenargumente meist kein Gehör finden.
Im Verlauf der Anorexia nervosa kommt es auch zu körperlichen Symptomen: hormonelle Veränderungen, Hemmung der pubertären Entwicklung, Ausbleiben der Periode, Reduktiond des Wachstums, Frieren, kurzum: der Körper schaltet in den Sparmodus.
Anorexia nervosa - Enstehung und Behandlung
Die Enstehung einer AN wird zu 50% von genetischen Faktoren und vom metabolischen Stoffwechsel begünstigt. Ebenso wichtig sind psychologische Faktoren wie ein geringes Selbstwertgefühl, hoher Perfektionismus und hohes Leistungsstreben. Darüber hinaus wurden typische Familienstrukturen herausgebarbeitet, in denen Betroffene häufig aufgewachsen sind. Dzau gehören: Überbehütende Familien mit wenig Freiraum zur Selbstentfaltung; Familien, in denen Konflikte nicht angesprochen werden oder eben übergriffige Familien.
Oftmals kommt die Herkunftsfamilie ist der oberen Mittel- oder Oberschicht und es handelt sich meist um intelligente gebildete junge Frauen, die ehrgeizig, diszipliniert und erfolgreich sind. Diese Eigenschaften bringen die Betroffenen dazu, sich bis in den Tod zu hungern, was für viel Kraft und Disziplin spricht. Diese destruktive Energie kann in der Therapie zu einer Ressource umgepolt werden, um die AN zu bewältigen.
Eine Therapie sollte so früh wie möglich begonnen werden, was jedoch schwierig ist, da die Betroffenen sich nicht als krank erachten und der Therapie demnach ambivalent gegenüberstehen. Vielmehr nehmen sie sich selbst und die Erkrankung als Erfolg oder gar Stärke wahr.
In einer Psychotherapie, die Behandlung der ersten Wahl, geht es schließlich um die Stabilisierung des Gewichts und um die Arbeit an inneren Konflikten, die die Betroffenen beschäftigen bzw. belasten. Konkreter bedeutet dies auch die Steigerung des Selbstwertes sowie die Flexibilisierung der bisherigen Denkmuster.
Bulimia nervosa - Symptome und Merkmale
An Bulimie Erkrankte leider unter regelmäßigen Essanfällen, bei denen sie enorme Mengen an meist ungesunden Nahrungsmitteln zu sich nehmen, um das Essen anschließend möglichst schnell wieder loszuwerden, meist in Form von Erbrechen, Abführmitteln und/ oder exzessivem Sport.
Während der Essanfälle erleben die Betroffenen einen Kontrollverlust, wodurch sie die Art und Menge ihrer Speisen nicht mehr steuern. Auch das Aufhören liegt dann außerhalb ihrer Kontrolle. Hierbei kann sich die Selbstwahrnehmung verändern, indem sich die Betroffenen wie in einer Art Trance befinden.
Nach dem Erbrechen fühlen sich viele der Erkrankten jedoch nicht besser – im Gegenteil: Schuldgefühle und depressive Verstimmungen sind nicht selten und dementpsrechend kann auch selbstverletzendes Verhalten auftreten.
Grundsätzlich sind, wie bei der Anorexia nervosa, auch bei der Bulimia nervosa die Themen Essen und Gewicht von zentraler Bedeutung, genauso wie die Befürchtung zu dick sein zu können. Im Gegensatz zur vorherig vorgestellten Essstörung handelt es sich bei der BN jedoch meist um quirlige, spontane, sprunghafte Menschen die weniger kontrolliert und perfektionistisch veranlagt sind.
Bulimia nervosa - Entstehung und Behandlung
Ein Drittel der BN-Betroffenen litten zuvor an Anorexia nervosa und entwickelten daraus eine Bulimia nervosa, zum Beispiel, um von ihrem Umfeld nicht ständig auf das Essverhalten angesprochen zu werden. Zu Essen und anschließend heimlich zu Erbrechen erscheint Vielen raffinierter und unauffälliger.
Faktoren, die eine BN begünstigen, sind zum Einen genetisch bedingt: hohe Impulsivität, labile Stimmungen, Stoffwechselcharakteristika. Zum Anderen spielen auch psychologische Faktoren, wie der geringe Selbstwert eine große Rolle bei der Entstehung der Krankheit. Bei den Betroffenen handelt es sich, wie bereits erwähnt, um junge Frauen. Auch hier ist die erste Wahl der Behandlung die Psychotherapie mit dem Ziel das Essverhalten zu normalisieren und einen gesunden Lebensstil zu vermitteln.
Bist Du unzufrieden mit Deinem Gewicht? Wirst Du oft von Deinem Umfeld auf Dein Essverhalten angesprochen? Oder sorgst Du Dich um eine*n Freund*in?
Gerne kannst Du auch eine Einzelsitzung buchen, um Dich beraten zu lassen.